Hermann Böhm, 1942-2016

page0001Dr. Peter Bachmaier

Trauerrede beim Begräbnis von Prof. Dr. Hermann Böhm am 20. Mai 2016 am Friedhof Breitenlee

Hermann Böhm ist am 9. Mai 2016 nach langer, schwerer Krankheit im 75. Lebensjahr gestorben. Ich habe Hermann bereits in den 60er Jahren in der Studentenbewegung kennengelernt und war seit damals mit ihm befreundet. Es hat uns eine kritische Einstellung zu unserer Gesellschaft und die Idee einer neuen, gerechten Gesellschaft verbunden. Hermann hat dann als Philosoph an der Universität Wien die Beschäftigung mit der Theorie zu seinem Thema gemacht und viele Jahre Vorlesungen und Seminare über System, Ideologie und Praxis des Marxismus gehalten. Besonders beschäftigte er sich mit den Revisionen des Marxismus und legte im Jahr 2000 eine Schrift über „Die Tragödie des Austromarxismus am Beispiel von Otto Bauer. Ein Beitrag zur Geschichte des österreichischen Sozialismus“ im angesehenen wissenschaftlichen Peter Lang Verlag vor, in der er versuchte, den Ursprung des Reformismus und des Niedergangs der österreichischen Sozialdemokratie zu analysieren. Ein Rezensent schrieb darüber: „Selten findet man eine solche Klarheit in der Darstellung und Wiedergabe wie in diesem Buch. Ihm ist gelungen, die Ursachen und Wurzeln der Tragödie des Austromarxismus bloßzulegen.“

Hermann Böhm war aber nicht nur an der philosophischen Theorie interessiert, sondern nahm am geistigen und kulturellen Leben unseres Landes teil. Am Institut für Philosophie stand er in Verbindung mit den führenden Philosophen unseres Landes, mit Erich Heintel, Leo Gabriel, Rudolf Weiler, Norbert Leser, Erwin Bader, Peter Kampits, Konrad Paul Liessmann und auch mit Künstlern und politischen Aktivisten.

Er war Vorstandsmitglied des von Rudolf Weiler 1967 gegründeten Universitätszentrums für Friedensforschung, das sich mit dem Dialog mit dem Osten beschäftigte. Das Zentrum spielte ein große Rolle bei den philosophischen Weltkongressen in Wien 1968 und Varna 1973 und organisierte Konferenzen in Wien, an denen bedeutende Philosophen des damaligen Ostblocks aus der Sowjetunion, der Tschechoslowakei, der DDR und Bulgarien teilnahmen. Im Jahr 1988 nahm ich gemeinsam mit Hermann an einer Diskussion mit dem bulgarischen Chefideologen Alexander Lilov in Wien teil. Später organisierte das Zentrum eine Reise nach Moskau, wo es zu Diskussionen mit sowjetischen Philosophen kam. Das Zentrum spielte eine Rolle bei der geistigen Vorbereitung der Perestrojka im Osten.

Hermann Böhm befasste sich in seiner Lehrtätigkeit auch mit der Philosophie der Kunst und brachte unseren gemeinsamen Freund Laszlo Prihoda in sein Seminar. Prihoda war ein ungarisch-slowakischer expressionistischer Maler, für den die Kategorie der Schönheit noch eine Bedeutung hatte. Wir betreuten dann gemeinsam die Laszlo-Prihoda-Privatstiftung und organisierten einige Ausstellungen.

Hermann Böhm wurde schließlich auf meine Bitte bei der Gründung der Österreichisch-Weißrussischen Gesellschaft im Jahr 2006 ihr Vizepräsident, weil er der Überzeugung war, dass Belarus eines der wenigen Länder ist, in dem die sozialistischen Ideen noch fortlebten, und beteiligte sich aktiv an allen Veranstaltungen. Noch am 12. Dezember 2016 legte er auf der letzten Generalversammlung im Bezirksmuseum Hietzing einen Tätigkeitsbericht vor.

Hermann war auch ein warmherziger Freund, an dem man sich mit persönlichen Problemen wie an einen Psychotherapeuten wenden konnte. Er konnte ein menschliches Problem gründlich analysieren und gute Ratschläge geben, die wirklich weiterhalfen. Wir werden unserem Freund und Mitstreiter immer ein ehrendes Andenken bewahren!

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